Oorlog 6+ / Krieg ab 6

JETSE BATELAAN & THEATER ARTEMIS | Niederlande | Theater

 

Was ist Krieg?», fragt sie ein Kind. sie finden nicht die richtigen Worte und möchten die Antwort lieber auf morgen verschieben?

Jetse Batelaan und sein Theater Artemis finden für diese schwere, abstrakte Thematik auch keine Worte. sie schaffen eine absurde Slapstick-show über die Unbegreiflichkeit des Krieges, bei der Kinder voller Lust verstehen, wie wenig es braucht, um ein heilloses Chaos anzurichten. eine Bühne mit scheinbar wahllosem Schrott. Es herrscht ein riesiges Durcheinander. Dann fliegt plötzlich eine Pfanne durch den Raum. Ein Ballon explodiert, Rauch kommt aus einer Kühlbox, eine Kugel fällt aus einem Schlauch. Und als die scheinbar nie endende Kettenreaktion zum Stillstand kommt, treten drei Schauspieler _innen in altmodischen Soldatenuniformen auf die Bühne und beginnen ihre Rede: «Es tut uns leid, wir möchten etwas Vernünftiges sagen. Aber ein Krieg ist auch für uns zu gross. Wir machen hier nur Theater.» Hier wird das Unmögliche möglich: ein Stück über den Krieg für Kinder und die ganze Familie. Mutige Kinder vor!

 

 


 

 90 SEKUNDEN MIT JETSE BATELAAN

 

«Oorlog 6+ / Krieg ab 6», das Stück, das Du beim Theaterfestival Basel zeigst, ist ein Stück über den Krieg. Und es ist ein Stück für Kinder ab sechs Jahren. Klingt schwierig.

Ich mag Schwierigkeiten und Herausforderungen. Am Anfang des Stücks stand der Versuch, meinen eigenen Kindern den Krieg zu erklären. Auch wenn Kinder noch nicht kapieren, was genau passiert, so wissen sie doch intuitiv, dass es so etwas wie Krieg gibt. Konfrontiert mit den Flüchtlingskindern, die in den letzten Jahren vor allem von Syrien nach Europa kamen, wurde mir aber auch klar, dass ich genauso wenig über den Krieg weiss wie meine Kinder. Wissen über den Krieg ist keine Frage des Alters, sondern der Erfahrung. Und so wurden die eigene Unzulänglichkeit und Unwissenheit zum Moment, an dem sich Erwachsene und Kinder treffen, um gemeinsam über den Krieg zu sprechen.

 

Und wie hast Du das am Ende angestellt?

Zwei Möglichkeiten muss man gleich zu Beginn ausschliessen: Erstens kann man nicht einfach nur Witze machen. Denn man hat eine ethische Verantwortung dem Gegenstand gegenüber. Und man sollte, zweitens, nicht versuchen, die gesamte Wucht des Krieges auf die Bühne zu bringen. Denn dafür ist das Publikum einfach zu jung.
Für mich lag die Lösung im Surrealen und Absurden. Das Stück erzählt nicht vom Krieg in seiner Gesamtheit, sondern nur von bestimmten Aspekten. Mit kleinen Einheiten – Rauch, Geschrei, umherrennenden Menschen – lässt sich leichter umgehen. Ausserdem sprechen die drei Schauspieler_innen eine Kriegserklärung gegenüber dem Publikum aus. Und natürlich reagiert das Publikum. Die Schauspieler_innen bekommen Angst. Sie versuchen, das Stück zu beenden – was sich als gar nicht so leicht herausstellt.

 

Wie gehst Du mit den Eltern um? Schliesslich sind sie es ja, die entscheiden, ob die Kinder das Stück sehen dürfen.

Das ist gar nicht so einfach. Wenn man einen Nachmittag frei hat und was Schönes mit den Kindern machen möchte, dann geht man wahrscheinlich nicht in ein Theaterstück namens Krieg, oder? Ich baue aber eher auf die Lehrer. Denn Lehrer haben mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Auch sie müssen einen derartigen Stoff vermitteln, ohne eine richtige Sprache dafür zu haben.

 

Und wie steht es um die Reaktionen der Kinder, die das Stück gesehen haben?

Wenn die Schauspieler_innen versuchen, Frieden zu schliessen, reagieren die Kinder oft eher enttäuscht und schreien laut «Neeeeeeein!». Ich habe das Gefühl, dass es ihnen gefällt, wenn die Schauspieler- _innen Angst vor ihnen haben. Aber ganz ehrlich: Kinder finden Chaos einfach toll.

Interview: Dominikus Müller

 


 

 

Regie Jetse Batelaan | Mit Willemijn Zevenhuijzen, Elias De Bruyne, Martin Hofstra | Kostüme Liesbet Swings | Bühnenbild Wikke van Houwelingen, Marloes van der Hoek | Spezialeffekte Dik Beets | Übersetzung Meike Kremer

 

Das Gastspiel findet in Kooperation mit La Bâtie. Festival de Genève statt und wird unterstützt durch Swisslos Lotteriefonds des Kantons Solothurn.