Campo Minado / Minefield

LOLA ARIAS | Argentinien | Dokumentartheater

 

Campo Minado / Minefield» bringt die argentinische Regisseurin Lola Arias sechs Veteranen auf die Bühne, die sich im Falklandkrieg als Feinde gegenüberstanden.  Vor 36 Jahren zog Grossbritannien gegen Argentinien in den Krieg: in Schützengräben und Nahkampfgefechten, Mann gegen Mann. Der Konflikt brach durch die argentinische Besetzung der Inseln aus, woraufhin in das Vereinigte Königreich Truppen in das 12 000 Kilometer entfernte Überseegebiet schickte.

Sechs Falkland-Veteranen erzählen uns in «Campo Minado / Minefield» ihre persönlichen Geschichten mit berührender Aufrichtigkeit. Lola Arias zeigt, wie Krieg zu einem Teil individueller Lebensgeschichte wird und seziert dadurch die popkulturell aufbereitete Kriegspropaganda und die erlogenen Heldenmythen.

 


 

90 SEKUNDEN MIT LOLA ARIAS

 

Für dein Stück «Campo Minado / Minefield» hast Du drei argentinische und drei britische Veteranen des Falklandkrieges 1982 auf der Bühne zusammengebracht. Wie war das, als sich die ehemaligen Gegner nach über 30 Jahren zum ersten Mal getroffen haben?

Beim ersten Treffen lag das Schwierigste schon hinter uns: sie zu überreden, überhaupt mitzumachen. Für die Argentinier war das härter als für die Briten. Es hat einiges gebraucht, sie zu überzeugen. Als die Veteranen dann zum ersten Mal aufeinandertrafen, tauschten sie erst einmal Erinnerungen aus. Sie zeigten sich gegenseitig Fotos und erklärten auf einer Karte der Inseln, wo sie damals stationiert waren. «Wo warst du?» – «Ich war hier.» – «Oh, dann standen wir uns eigentlich direkt gegenüber. Vielleicht hast du ja sogar auf mich geschossen!» Sich gemeinsam an damals zu erinnern, war der erste Schritt auf dem

Weg zu einer ziemlich eigenen Form der Gemeinschaft.

 

Das Stück läuft jetzt schon eine ganze Weile. Hat sich das Verhältnis der Protagonisten zu ihren eigenen Geschichten im Lauf der Zeit verändert?

Man muss wissen, dass keiner von ihnen vorher jemals auf der Bühne stand. Wie es Marcelo Vallejo, einer der Argentinier, einmal ausgedrückt hat: «Das ist das erste Mal, dass ich überhaupt in einem Theater bin – und dann gleich auf der Bühne.» Sie müssen ihr Verhältnis zum Stück natürlich mit jeder Aufführung neu aktualisieren. Und da kommt es auch vor, dass einer von ihnen nach endlosen Wiederholungen plötzlich realisiert, dass bestimmte Erinnerungen oder Episoden sich nicht genau so zugetragen haben, wie sie bislang dachten. Sie mussten ihre Geschichten aber immer wieder und wieder wiederholen, bevor sie sich das selbst und den anderen gegenüber eingestehen konnten.

 

Das Stück war sowohl in Grossbritannien wie in Argentinien zu sehen. Waren die Reaktionen verschieden?

In Grossbritannien waren die Leute eher überrascht von einem Krieg zu hören, den sie fast vergessen hatten. In Argentinien war das anders. Dort ist die Erinnerung an den Falklandkrieg nach wie vor sehr lebendig, ebenso die Forderung nach Souveränität für die Inseln. Im Publikum sassen manchmal sogar Leute, die mit Schildern und Flaggen demonstriert haben – nur um dann nach dem Stück die britischen Performer in den Arm zu nehmen und loszuweinen. Teilweise spielten sich beinahe kathartische Momente ab.

 

Warum arbeitest Du für das Stück mit ‹echten› Menschen, die auf der Bühne etwas real bezeugen?

Ich arbeite schon seit einer Weile so. Mich interessiert einfach, wie man zum_zur Schauspieler_in wird. Alle, und ich meine alle, haben besondere darstellerische Qualitäten. Wenn man lernt, damit zu arbeiten, dann verleiht das der Performance eine Dimension, die ‹normale› Schauspieler_innen einfach nicht liefern können. Im Fall von «Campo Minado / Minefield» wollte ich im Verlauf der Proben und Aufführungen mit den Beteiligten eine Art utopische Gemeinschaft schaffen und erreichen, dass sie eine besondere Beziehung etablieren. Das ist letztlich viel relevanter als das konkrete Theaterstück.

 

Interview: Dominikus Müller

 


 

 

Text, Regie Lola Arias | Mit Lou Armour, David Jackson, Gabriel Sagastume, Ruben Otero, Sukrim Rai, Marcelo Vallejo | Recherche, Produktion Sofia Medici, Luz Algranti | Szenografie Mariana Tirantte | Musikalische Komposition Ulises Conti | Lichtdesign, Technische Leitung David Seldes | Video Martin Borini | Sounddesign Roberto Pellegrino, Ernesto Fara | Regieassistenz Erika Teichert, Agustina Barzola | Assistenz Technik Imanol López | Assistenz Produktion Lucila Piffer| Assistenz UK Kate O’Connor | Kostümdesign Andrea Piffer | Produktion UK für LIFT Erica Campayne, Carolyn Forsyth, Matt Burman | Produktionspartner Gema Films | Koproduktion LIFT Festival (UK), Royal Court Theatre (UK), Brighton Festival (UK), Universidad Nacional de San Martín (AR), Festival Theaterformen (DE), Le Quai Angers (FR), Künstlerhaus Mousonturm (DE), Maison des Arts de Créteil (FR), Humain Trop Humain (FR), CDN de Montpellier (FR), Athens & Epidaurus Festival (GR) | Mit Unterstützung des British Council (UK), der Argentinische Botschaft in Grossbritannien und Nordirland, des Arts Council England (UK), The Sackler Trust (UK)

 

Das Gastspiel findet in Kooperation mit dem Zürcher Theater Spektakel statt und wird unterstützt durch die Stanley Thomas Johnson Stiftung und den SüdKulturFonds.